Erben & Vererben

Geschichten übers Erben & Vererben

Dass die Partnerin oder der Partner sowieso alles erbt, undankbare Kinder aber keinen Cent kriegen können und man sein Testament problemlos auch eben mal schnell selbst schreiben kann – solche Gerüchte halten sich hartnäckig. Doch so einfach ist es dann eben meist doch nicht. Denn: Beim Erben und Vererben kann – wie diese Geschichten zeigen – ganz schön viel schiefgehen.

Fall Nr. 1: Kein Testament, kein Alleinerbe

Lilli (28) und Alex (30) sind frisch verheiratet und stecken mitten in der Familienplanung, als Alex bei einem Autounfall tödlich verunglückt. Lilli weiß nicht, wie es nun weitergehen soll – sie hatten doch noch ihr ganzes Leben vor sich! Der Verlust stürzt sie in eine schwere Depression. Das Einzige, was ihr etwas Trost spenden kann: Wenigstens muss sie sich um Finanzielles erstmal keine Sorge machen. Sie ist überzeugt: Da sie ja verheiratet waren, wird sie alles erben, was ihr Mann hinterlassen hat. Auch Alex hat in dieser Annahme gelebt. Für ihn war die Absicherung seiner Frau (und die der für die nahe Zukunft geplanten gemeinsamen Kinder) mit einer der wichtigsten Gründe, um zu heiraten. Doch alles kommt anders als gedacht. Über Nacht hat die junge Witwe nun die ungeliebten Schwiegereltern als Miterben – und diese pochen auf den ihnen vom Gesetz her zustehenden Erbteil von einem Drittel des Vermögens ihres Sohnes. Um sie auszubezahlen, muss Lilli das Häuschen des Verstorbenen, in dem sie seit ein paar Jahren zusammengewohnt haben und das daher auch einen hohen emotionalen Wert für sie hat, verkaufen.

Fall Nr. 2: Entfernte Cousins erben gesamtes Vermögen

Was passiert, wenn eine unverheiratete Person verstirbt, ohne Erbvorkehrungen getroffen zu haben? Martin, muss dies beim Tod seiner Lebensgefährtin Johanna erfahren. Martin und Johanna sind seit fünf Jahren ein Paar, als Johanna einen Herzinfarkt erleidet und nur wenige Minuten später tot ist. Die beiden hatten zusammen in einer großen Wohnung gelebt und nun muss sich Martin mit Johannas Nachlass auseinandersetzen. Johanna hatte ganz in der Gegenwart gelebt, ihren Beruf als Journalistin geliebt und war mehrmals pro Jahr für große Reportagen im Ausland unterwegs. Mit dem Tod hatte sie sich nie beschäftigt – und für diesen Fall auch nicht vorgesorgt. Johanna hatte viele gute Arbeitskollegen, einen großen Freundeskreis und eben Martin, aber weder Kinder noch Geschwister. Auch ihre Eltern sind schon lange tot. Erben in der näheren Verwandtschaft existieren somit nicht. Allerdings konnten vom Nachlassgericht zwei Cousins väterlicherseits ausgemacht werden – in Brasilien. Johanna hatte sie nur ein einziges Mal in ihrem Leben getroffen. Trotzdem steht ihnen von Rechtswegen ihr gesamtes Vermögen zu. Martin hingegen geht leer aus.

Fall Nr. 3: Letzter Wille der Zwillinge geht nicht auf

Die Zwillingsschwestern Irmi und Gerti leben seit vielen Jahrzehnten in einem Haus, das ihnen je zur Hälfte gehört und unterstützen sich gegenseitig bis ins hohe Alter. Beide sind ihr Leben lang ledig geblieben und somit alleinstehend. Sie haben allerdings einen Neffen, Jakob, den Sohn ihrer bereits verstorbenen Schwester. Zu Jakob haben Irmi und Gerti allerdings nie groß Kontakt gehabt. Damit er nicht erbt, haben die beiden älteren Damen daher in Eigenregie ein einfaches „gemeinschaftliches Testament“ aufgesetzt, in dem sie sich gegenseitig zur Alleinerbinnen erklären. Kurz darauf verstirbt Irmi. Für Gerti gibt es nun leider eine böse Überraschung. Aufgrund von Formfehlern war das Testament nämlich gleich in mehrfacher Hinsicht ungültig. Denn: Einerseits war das Schriftstück formungültig, weil die beiden Damen es nur unterzeichnet, aber den Text nicht selbst händisch geschrieben hatten. Andererseits können nur Eheleute oder eingetragene Partner ein gemeinschaftliches Testament aufsetzen. Im Falle der Schwestern hätten drei unabhängige Zeugen mitunterschreiben müssen. Da das nicht der Fall ist, erben Gerti und Jakob Irmis Haushälfte zu gleichen Teilen. Statt jetzt – wie ursprünglich gewünscht – Alleineigentümerin des Wohnhauses zu sein, hat Gerti nun den Neffen zu einem Viertel als Miteigentümer.

Fall 4: „Du kriegst keinen Cent von mir?“ – Mal sehen.

Seit er sich erinnern kann, ist Ricky das schwarze Schaf der Familie. Schon im Kindergartenalter wurde er als schwer erziehbar abgestempelt. In der Schule tut er sich alles andere als leicht. Er fängt verschiedene Ausbildungen an und bricht sie letzten Endes doch immer wieder ab. Er ist oft arbeitslos, hält es nie lange an einem Ort aus und schafft es auch nicht, eine längere Beziehung zu führen – geschweige denn, dass er seinen Eltern Enkelkinder schenken würde. Trotzdem macht er stets das Beste aus der Situation, lebt von einem Tag auf den anderen und hat sich schon lange damit abgefunden, dass seine Eltern ihn, wie in einem schlimmen Streit vor Jahren angekündigt, enterben werden. Bekommen sollen alles seine beiden älteren Brüder, die in den elterlichen Augen alles richtig gemacht haben. Nach dem Tod der Eltern muss Ricky überrascht feststellen, dass er fast sein ganzes Leben lang in einem Irrglauben gelebt hat. Er lernt: Eltern können ihre Kinder beim Nachlass gar nicht leer ausgehen lassen. Ein Pflichtteil steht jedem Kind zu – völlig unabhängig davon, wie gut oder schlecht die Beziehung war. Und dieser Pflichtteil beträgt immerhin die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Komplett enterben ist höchstens bei schlimmen Verfehlungen gegen Vater und Mutter möglich.

Fall 5: Patchwork macht’s kompliziert

Christine und Daniel sind in jeweils zweiter Ehe miteinander verheiratet. Sie haben eine gemeinsame Tochter und sind jeweils Hälfteeigentümer einer Liegenschaft mit großem Wohnhaus in bester Lage, das sie mit ihrem Kind bewohnen. Außerdem haben beide zwei erwachsene Kinder aus erster Ehe. Nun verstirbt Daniel ohne Testament. Nach der gesetzlichen Erbfolge, die daher in Kraft tritt, erbt Christine zu lediglich einem Drittel, während die insgesamt drei Kinder des Verstorbenen die restlichen zwei Drittel unter sich aufteilen. Dies führt zu einer Zerstückelung der Liegenschaft auf mehrere Miteigentümer, die bestimmt nicht in Daniels Interesse war. Dasselbe blüht Daniels Unternehmen, das nun ebenfalls auf mehrere Erben aufgeteilt wird. Die Streitigkeiten und Machtkämpfe, die damit einhergehen, spalten die Familie – und das hätte Daniel am allerwenigsten gewollt. Verhindert hätte all das einzig und allein ein Testament. Wenn er in diesem seine Frau als Alleinerbin eingesetzt hätte, hätte sie die gesamte Haushälfte geerbt und die Kinder hätten jeweils nur einen Pflichtteilsanspruch gehabt. Diesen Pflichtteil hätte die Frau an die beiden erwachsenen Kinder auszahlen können und die Frage, ob das Haus verkauft werden soll oder nicht, wäre gar nie im Raum gestanden.

Fazit: Das Thema besser früher als später angehen

Diese Geschichten zeigen, dass zu Lebzeiten meist viel zu wenig übers Erben und Vererben nachgedacht bzw. gesprochen wird – und zudem viel Halbwissen kursiert. Denn: Damit der letzte Wille vor dem Gesetz Bestand hat, sind einige Regeln zu beachten. Klar ist auch: Wer plant, kann Unstimmigkeiten zwischen den Hinterbliebenen vermeiden. Frühzeitige Kommunikation im gesamten Familienkreis ist das A und O für eine friedvolle Einigung.

Disclaimer: Es wird die österreichische Rechtslage – ohne Berücksichtigung der EU-Erbrechtsverordnung – mit Stand Oktober 2023 dargestellt. Gesetzliche Änderungen ab diesem Zeitpunkt wurden nicht berücksichtigt. Sofern ein Sachverhalt eine Berührung zu einem anderen Staat aufweist, kann dies weitreichende rechtliche bzw. steuerrechtliche Folgen im anderen Staat haben. Die Inhalte auf hypovbg.at dienen lediglich zur Erstinformation und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Jegliche Haftung in Zusammenhang mit den bereitgestellten Informationen wird ausgeschlossen. Da jeder Vermögensübergang einer individuellen Würdigung bedarf, können und sollen die bereitgestellten Inhalte keinesfalls eine individuelle Beratung eines Notars, Rechtsanwalts und/oder Steuerberaters ersetzen.

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